Wie erkennt man, ob ein Kind hochbegabt ist?

Es gibt ein Buch mit dem Titel „Jedes Kind ist hochbegabt“ von Gerald Hüther und Uli Hauser. Gleich vorweg: Ich habe die Hälfte des Buches gelesen. Es war mir zu pauschal „alle Eltern sind doch doof!“ formuliert. Doch alleine der Klappentext (siehe ganz unten) besagt es eigentlich schon: Jedes Kind hat eine Begabung. PUNKT. Damit könnte dieser Artikel enden. Dennoch möchte ich auf die hochbegabten Kinder, deren Denk- und Gefühlsstrukturen anders sind, näher eingehen. Daher: Wie erkennt man, ob ein Kind hochbegabt ist?

Wie erkennt man, ob ein Kind hochbegabt ist Titel

Wie viele Kinder sind überhaupt hochbegabt?

Statistisch gesehen werden mehr Jungen als hochbegabt eingestuft. Das hat einen sehr einfachen Grund: Es ist leichter einen willensstarken, schnell gelangweilten und auffälligen Jungen richtig einzuordnen, als ein angepasstes Mädchen. Wenn das Mädchen aufmüpfig ist, wird es gerne (ja, heute noch immer) erzogen, bis es ruhig und angepasst ist.

Was ich damit sagen will: Es ist egal, ob euer Kind ein Junge oder Mädchen ist. Die Wahrscheinlichkeit ist genauso hoch, dass das Kind hochbegabt ist. Diese Wahrscheinlichkeit liegt nämlich bei 2-3% der Bevölkerung. Das bedeutet im Klartext: 2-3 Kinder aus 100 Kindern sind hochbegabt (dasselbe gilt für Erwachsene ebenfalls). In jeder zweiten bis vierten Kindergartengruppe und Klasse sitzt ein hochbegabtes Kind. Meiner Meinung nach ist diese Zahl erschreckend hoch, dafür, dass die Kinder nicht erkannt werden.

So habe ich in der Schule meines Sohnes (ca. 140 Schüler) bereits zwei Kinder „entdeckt“. Mir fehlen also noch ein bis zwei hochbegabte Schüler, die ich persönlich aber nicht kenne.

Wie erkennt man, ob ein Kind hochbegabt ist – Der „typische“ Hochbegabte

Ganz klassisch zeigt ein hochbegabtes Kind folgende auffälligen Verhaltensweisen:

Im Kindergarten

  • Langweilt es sich
  • Kann nicht mit den anderen Kindern nach deren Spielregeln spielen und stört oft
  • Interessiert sich für viele Dinge, wofür es noch zu jung ist
  • Ist oftmals ein Außenseiter

In der Schule

  • Ist das hochbegabte Kind unterfordert
  • Gilt es als Streber und ist deshalb oft unbeliebt
  • Wird es oft zum Klassenclown, um akzeptiert und wahrgenommen zu werden
  • Fühlt es sich nicht verstanden
  • Zeigt es sehr oft schlechte schulische Leistungen, aus unterschiedlichsten Gründen

In der Umgebung, daheim

  • Sind „altersgemäße“ Freizeitaktivitäten langweilig
  • Ist das hochbegabte Kind sich selber und anderen gegenüber sehr kritisch und perfektionistisch
  • Bevorzugt es verbale Auseinandersetzungen und lange Diskussionen
  • Reagiert sehr sensibel auf Emotionen seiner Umgebung
  • Ist es intellektuell und im Wissen seinem Alter weit voraus. Gleichzeitig ist das Kind emotional auf derselben Ebene, wie die Gleichaltrigen
  • Fühlt sich oft isoliert, anders und als Außenseiter

Quelle: Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind https://www.dghk.de/hochbegabung-erkennen/hochbegabung-bei-kindern/*

Mein Kind ist nicht verhaltensauffällig – ist es trotzdem hochbegabt?

Diese Frage beschäftigt auch meine Familie. Während unser Sohn das Bilderbuch eines hochbegabten Kindes ist, ist unsere Tochter im Kindergarten ein Lämmchen und ein Traum. Daheim sieht das schon anders aus. Hier diskutieren wir auch gerne mal über die Figuren in Harry Potter oder ob die Zahl „0“ nix bedeutet (sie ist bald 5). Nun behaupte ich wagemutig, dass wir sie nicht anders erzogen haben, als unseren Sohn. Dennoch ist sie umgeben von hochbegabten Erwachsenen. Daher ist meine Annahme sehr stark, dass sie ebenfalls hochbegabt ist, denn bei so vielen Genen seit Generationen (!!!) ist ein „Ausrutscher“ sehr unwahrscheinlich. Was definitiv in ihr steckt, ist eine gewaltige Portion Hochsensibilität.

Ich sage es mal so: Wenn ihr das Gefühl habt, euer Kind ist hochbegabt, obwohl es keine auffälligen Schwierigen im Kindergarten und Schule hat, nehmt einfach einmal an es sei so. Gebt eurem Kind Förderung, lasst es seine Interessen verfolgen, gebt ihm knifflige Herausforderungen, die Spaß machen. Denn genau darum geht es: Beim Lernen und im Leben Spaß zu haben und zufrieden zu sein.

Ihr könnt nichts falsch machen, indem ihr euer Kind fördert. Mein oberster Grundsatz dabei lautet: Die Kinder dürfen (und sollen) alles ausprobieren und sehen, ob es ihnen Spaß macht. Wenn sie Freude an den Unternehmungen haben, ist unser Zusammenleben sowieso entspannt und ausgeglichen. Sollten sie jedoch keinen Spaß an etwas haben, müssen sie das auch nicht weiterhin verfolgen.

Förderung vs. Überforderung – Wo liegt die Grenze?

Eltern wird gerne vorgeworfen, dass sie unfähig sind. Nun denn, hier also ein paar Sätze, um ins Bewusstsein zu rufen, wann es zu viel des Guten ist.

Alles in Ordnung ist, wenn

  • Euer Kind gerne eine Aktion (Sport, Aufgabe) ausführt
  • Ihr feststellt: Mit diesem Spiel oder dieser Aufgabe beruhigt sich das Kind nach einem Wutanfall
  • das Kind von alleine danach fragt oder greift
  • die Kinder sich stundenlang ruhig und konzentriert mit dieser Aufgabe beschäftigen können

Noch einmal überdenken sollte man das Programm, wenn

  • Das Kind die Aktion (Sport, Aufgabe) nicht ausführen will – das merkt ihr schnell an Wutausbrüchen
  • Unter Tränen wird das Kind niemals etwas lernen oder freiwillig machen können
  • Ihr meint euer Kind sei nicht gut genug und ihr das Gefühl habt, dass ihr das ihm auch sagen müsst
  • Ihr selber nicht stillhalten könnt und das Kind zu mehr Leistung drängen wollt

Das bedeutet natürlich nicht, dass man nachgeben sollte, sobald das Kind störrisch wird! Denn hey! Hausaufgaben werden viele Kinder nicht freiwillig machen. Mein Trick: Die Inhalte so greifbar und visuell machen, wie nur möglich. Sei es durch Bilder, die den Stoff darstellen, Musik mit demselben Inhalt, Steckwürfel für Matheaufgaben…

Außerdem habe ich festgestellt, dass meine Kinds für kleine Belohnungen auch die Extrameile gehen. So sind zur Zeit Sticker und Stickeralben extrem gefragt.

Nun seid ihr dran: Wie verhalten sich eure Kinder daheim und in der Schule/im Kindergarten?

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Wie erkennt man, ob ein Kind hochbegabt ist

Literatur

Jedes Kind ist hochbegabt von Gerald Hüther und Uli Hauser*

Mein Eindruck:

Das Buch hätte gut sein können. Der Klappentext ist wirklich vielversprechend. Aber ich habe nach der Hälfte abgebrochen. Ich habe nichts Produktives und Konstruktives gelesen. Es war eine Schimpftirade auf nicht liebende Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen und gleichzeitig zu sehr fordern – zugespitzt formuliert. Ich hätte mir gewünscht, dass ich Tipps bekomme, wie ich den Förderwahn tatsächlich produktiv nutzen oder lassen kann. Stattdessen wurde ich mit Behauptungen überschüttet, die keine Belege bekommen haben.

Klappentext:

Dieses Buch setzt dem Förderwahn ein Ende!

Es gibt kein Abitur-Gen, doch jedes Kind hat vielseitige, wertvolle Begabungen. Das kann die Neurowissenschaft schon längst belegen. Also weg mit dem Begabungskonzept aus dem vorigen Jahrhundert. Endlich weniger Frust und Stress bei der »Erziehung« und vor allem mehr Chancen für alle unsere Kinder. Dieses Buch entlastet Eltern und Schulen von quälender Fixierung auf Leistung und bietet die überfällige Perspektive in einer seit Jahren festgefahrenen Debatte.

Wer Arzt werden will, muss gut sein in Mathe, nicht in Mitgefühl. Die vorherrschende Auffassung von Begabung und „Intelligenz“ ist nicht nur falsch, sondern sehr gefährlich. Eltern und Schulen tun zwar alles, um die Fähigkeiten unserer Kinder zu fördern. Doch weil unser Schul- und Bildungssystem immer noch fast ausschließlich auf Wissensvermittlung und Leistung setzt, bringen wir zwar Einserschüler und -studenten hervor, die dann im Berufsleben aber versagen. Auf der Strecke bleiben viele ungenutzte und frustrierte Talente, und diesen Irrweg beschreiten wir schon viel zu lange.

Gerald Hüther und Uli Hauser beschreiben, welche Begabungen in jedem Kind angelegt sind und wie sich das kindliche Gehirn entwickelt. Sie zeigen, dass unsere Erziehung dem viel zu wenig Rechnung trägt und fordern ein radikales Umdenken: Damit alle Kinder ihre Möglichkeiten ganz entfalten können.

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