Was ist ein hochsensibler Mensch?

Gleich zu Beginn möchte ich betonen: Hochsensibel bedeutet nicht, dass jemand eine weinerliche Mimose ist und nichts aushält. Sogar das Gegenteil ist der Fall. Ein hochsensibler Mensch nimmt sehr viel wahr und empfindet und fühlt dementsprechend auch mehr. Gleichzeitig lernen diese Leute diese Wahrnehmungen produktiv umzusetzen. Man erkennt hochsensible Menschen vor allem daran, dass sie den anderen helfen wollen. Also was ist ein hochsensibler Mensch?

Was ist ein hochsensibler Mensch

Fun Fact: Ca. 10-15% der deutschen Bevölkerung (die Schätzungen gehen weiter auseinander) ist hochsensibel. Das ist mindestens einer aus zehn. Wenn eine Schulklasse aus 25 Kindern besteht, sind davon durchschnittlich 2-4 Kinder hochsensibel. Bei Erwachsenen ist der Wert ebenso hoch. Denn Hochsensibilität kann man nicht verlernen.

Wie zeigt sich Hochsensibilität?

Es gibt viele Arten und Formen der Hochsensibilität. Man kann nicht alle Menschen über einen Kamm scheren, selbst wenn es sich um „Randgruppen“ handelt. Trotzdem sind Hochsensible immer noch Individuen und nehmen unterschiedliche Aspekte des Lebens verschieden intensiv wahr.

Hier ein kleiner Einblick dahingehend, wie sich Hochsensibilität zeigt. Folgende Aufzählung habe ich umformuliert und in dem Buch „Hochsensitiv: Einfach anders und trotzdem ganz normal“ von Birgit Trappmann gelesen.

Hochsensible Menschen

  • Erschrecken leicht
  • Können keine kratzigen Materialien auf der Haut tragen
  • Mögen keine Überraschungen
  • Scheinen fast schon Gedanken lesen zu können
  • Spüren, wie sich das Gegenüber fühlt
  • Sind geruchsempfindlich und oft auch geschmacksempfindlich
  • Sind einfühlsam
  • Können nach einem aufregenden Tag nur schlecht schlafen
  • Stellen viele Fragen
  • Sind (in bestimmten Situationen) perfektionistisch
  • Sind schmerz- und lärmempfindlich
  • Erzielen die besten Leistungen, wenn keine fremden Menschen dabei sind
  • Haben ein intensives Gefühlsleben – „machen um vieles ein Drama“

Was fühlen hochsensible Menschen?

Diese Frage ist ziemlich pauschal und viel zu oberflächlich formuliert. Denn alle Menschen sind zu den selben Gefühlen fähig. Der Unterschied liegt nicht an den Gefühlen per se, sondern an der Intensität der Wahrnehmung.

Ich persönlich erlebe eine Chorprobe, bei der der Chorleiter schlecht gelaunt ist, als viel bedrückender, als der Rest um mich herum. Wenn ich nämlich merke, dass unser Dirigent wütend ist, dann ziehe ich mich sehr gerne in mein Schneckenhaus zurück, um ihn nicht weiter zu provozieren. Bei mir entwickelt sich also eine Gefühlsspirale: Aus Unsicherheit wird vielleicht am Ende noch Angst.

Welche Vorteile haben hochsensible Menschen?

Die Medaille hat immer zwei Seiten! Die Liste weiter oben hat die Merkmale meist negativ formuliert. Das ist typisch für die Bereiche Hochsensibilität und Hochbegabung. Die Literatur (und Gesellschaft) stellt sie zunächst negativ dar.

Das ist ein guter Anlass für mich die einzelnen Punkte umzukehren und sie positiv zu formulieren. Denn Hochsensibilität, wenn man sie für sich selber erkennt, ist sehr nützlich, auch oder besonders für die Mitmenschen.

Daher hier noch einmal positiv formuliert:

Hochsensible Menschen

  • Nehmen alles genau wahr
  • Lieben weiche Materialien und haben einen ausgeprägten Tastsinn
  • Kennen ihre Routine und fühlen sich dabei sicher
  • Nehmen die Emotionen ihrer Mitmenschen bewusst wahr
  • Haben sehr feine Nasen und schmecken und riechen alles ganz genau
  • Lieben ruhige Tage, nach denen sie sich entspannen können
  • Lieben es Wissen zu erwerben
  • Machen vieles sehr genau
  • Bevorzugen ruhige und stille Orte
  • Vertrauen ihren Bezugspersonen voll und ganz und können ihnen zeigen, was in ihnen steckt
  • Leben und lieben intensiv

Nicht alle Punkte müssen zustimmen! Selbst nur ein oder zwei Aspekte, die dafür sehr stark ausgeprägt sind, deuten auf einen hochsensiblen Menschen hin.

Wie leben hochsensible Menschen?

Noch einmal an dieser Stelle: Diese Informationen sind pauschal formuliert und betreffen die „durchschnittlichen“ hochsensiblen Menschen. Nicht auf jeden treffen diese Aussagen zu.

Hochsensible Menschen leben oft zurückgezogen, bevorzugen ruhige Wohngegenden und reizarme Umgebungen. Natürlich haben sie im Laufe der Jahre gelernt mit den Reizen umzugehen und so hat jeder seine eigene Strategie entwickelt.

Ich, zum Beispiel, bin im Sommer sehr gerne im Haus, weil es mir draußen meistens zu hell ist. Trotzdem liebe ich unsere großen, bodentiefen Fenster, weil ich so alles draußen beobachten kann. Dabei habe ich die freie Entscheidung, ob ich dann Nachbarn begrüßen will oder nicht. Mein Mann musste sich damit arrangieren, dass ich Jalousien nicht mag. Denn wehe, es ist stockfinster im Raum.

Wie tatsächlich alle hochsensiblen Menschen leben, darauf gibt es wie immer keine pauschale Antwort. Sie werden dafür sorgen, dass sie ihre Ruhe bekommen, so viel ist sicher. Doch jeder ist anders und individuell. Man kann zwei hochsensible Menschen nicht gleichsetzen. Und so kann ich euch nur aus meiner Sicht von meinem Lebensweg und teilweise denen meiner Verwandten erzählen.

Und nun du: Welche Punkte treffen auf dich zu? Was war in deiner Kindheit schon auffällig?

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Was ist ein hochsensibler Mensch

Literatur

Hochsensitiv: Einfach anders und trotzdem ganz normal von Birgit Trappmann*

Klappentext:

Ein großes Thema: 15 Prozent aller Menschen sind hochsensitiv – jeder von uns hat also hochsensitive Menschen in seinem Umfeld. Die Betroffenen selbst wissen jedoch oft nicht, dass sie hochsensitiv sind. Das Einzige, was sie wissen, ist, dass sie schon immer irgendwie anders als die anderen waren und sie sich deshalb ausgeschlossen und alleine fühlen. Sie sind hoch empfindsam, nehmen sich und ihre Umwelt, aber auch Stimmungen, intensiver und detaillierter wahr: Gesellige Runden, Lärm, laute Musik, Stress und grelles Licht sind ihnen unerträglich und überreizen ihr Nervensystem. Es fällt ihnen schwer, mit dieser Reizflut umzugehen, die für Nichtsensitive völlig unproblematisch ist.
Doch Hochsensitivität ist nicht gleich Hochsensitivität: Je nach individueller Ausprägung der Komponenten Reizoffenheit, Sensibilität und Intelligenz äußert sie sich in folgenden Erscheinungsformen: eine sensitive Hochbegabung, eine stark spirituelle Ausrichtung, eine hoch ausgeprägte Empathie, oder ADS, das oft als „stille Variante“ von ADHS bezeichnet wird.
Das vorliegende Buch beleuchtet erstmals eingehend all diese Aspekte von Hochsensitivität und bringt sie in einen verständlichen Zusammenhang. Über ausführliche Fragebogen für Kinder und Erwachsene lässt sich leicht herausfinden, ob man selbst betroffen ist und zu welchem Sensitivitätstyp man gehört. Die erfahrene Autorin liefert umfassende wissenschaftlich belegte Erklärungen, was hinter Hochsensitivität steckt, wie sie entsteht … und vor allem, wie sich damit leben lässt.
Das Buch ist ein einfühlsamer Lebensbegleiter für alle Betroffenen und birgt wichtige Einsichten für Berater, Therapeuten und für alle, die mit hochsensitiven Kindern oder Erwachsenen leben. Das umfassende Standardwerk zur Hochsensitivität!

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