Die Thematik der hochbegabten Kinder ist sehr vielfältig, tiefgründig und sicherlich nicht innerhalb von 500 Worten erklärt. Ein Kind (Mensch im Allgemeinen) gilt wissenschaftlich als hochbegabt, wenn es einen IQ ab 130 hat. Nun denken sich aber viele Eltern, dass das ja gar nicht sein kann. Schließlich hat das Kind oft nur mittlere bis schlechte Noten in der Schule.
Das liegt schlicht und ergreifend an der Fehleinschätzung der Kinder: Hochbegabte sind meistens keine Musterschüler und besonders keine hochproduktiven Maschinen! Sie können oftmals ihre Gedanken nicht so formulieren, als dass das Umfeld sie verstehen würde. Die Lehrerin meines Sohnes hat es sehr treffend beschrieben: „Er beherrscht das Chaos perfekt!“ Mit Chaos meint sie seine Zerstreutheit und eine unendliche Menge an Gedanken und viel Wissen.
Wie verhalten sich hochbegabte Kinder?
Ich werde näher darauf eingehen, warum man diese Frage pauschal nicht beantworten kann. Hochbegabung hat extrem viele Seiten und Ausprägungen. Es gibt Muster, an denen sich der Teil der Hochbegabten hangelt, die erkannt werden.
Meistens sind sie schon im Kindergarten unruhig, schnell gelangweilt, lernen schnell und platzen aus der Menge heraus. Doch gleichzeitig gibt es die ruhigen Hochbegabten, die ihre Fähigkeiten schon als Kleinkinder unterdrücken lernen, damit sie nicht negativ auffallen. „Statistisch“ gesehen werden auch mehr Jungen gelistet, da Mädchen oft immer noch als angepasste und liebe Kinder erzogen werden und keine Rebellinnen zu sein haben.
Hochbegabte Kinder sind auch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit hochsensibel. Sie nehmen viel mehr wahr und sind aufgrund der Reizüberflutung schnell mit einer Situation überfordert. Dann werden sie laut und torpedieren gerne den Unterricht. Das geschieht auch, wenn Kinder (und Erwachsene) den Sinn hinter einer Aufgabe nicht verstehen. Dann werden sie ungeduldig, fahrig und sind zur friedlichen Zusammenarbeit oftmals gar nicht fähig.
Wie ticken hochbegabte Kinder?
Diese Frage hat nichts zu tun mit: „Tickst du eigentlich noch richtig?“ Ich interpretiere diese Frage eher als: „Wie denken hochbegabte Kinder?“
Das ist eine Wissenschaft für sich! Denn das Denk- und Wahrnehmungsvermögen von Hochbegabten ist ein Universum, wortwörtlich genommen. Fachliteratur schreibt, dass hochbegabte Kinder Gedanken in Lichtgeschwindigkeit haben. Stellt man ihnen eine Frage, überlegen sie erst einmal, welche Antwort erwartet wird. Haben sie darauf jedoch keine Lust, beantworten sie Fragen gerne so, wie sie es selber wollen. Das Ergebnis ist nicht selten „Themaverfehlung“.
Das passiert auch oft, wenn sie in Situationen gelangen, die sie nicht verstehen. Dann gibt es so eine Art Freeze für die Umstehenden, während das Kind die Situation analysiert. Das passiert mir bis heute immer wieder, ohne dass ich es abstellen könnte.
Hier ein Beispiel: Ich war 23, im Zeltlager mit Ungarischsprachigen, die das moderne Ungarisch gesprochen haben. Meine Eltern sind mit uns vor 34 Jahren ausgewandert, meine Sprachkenntnisse sind somit schon teilweise veraltet. Eine erwachsene Frau hat mir etwas gesagt, was ich absolut nicht verstanden habe. In meinem Kopf habe ich versucht der gesamten Situation Sinn zu geben, weil ich die Frau nicht verstanden habe und gleichzeitig auch mit einem inneren Konflikt beschäftigt war, ob ich sie darauf ansprechen sollte, dass sie gerade meiner Meinung nach nicht gut handelt. Ich weiß nicht, wie lange ich dagestanden habe, wahrscheinlich sind ca. 10 Sekunden vergangen, bis die Frau mich dann angemotzt hat, dass man sich in diesem Zeltlager gegenseitig hilft.
Genau DAS wird euch mit hochbegabten Kindern (und Erwachsenen!) immer wieder passieren. Sie scheinen abwesend, bockig oder unfähig. Dabei analysieren sie und versuchen auf die richtige Lösung zu kommen, ohne einen Fehler zu machen und vor allem auch ohne ihrem Gegenüber Grund für einen Angriff zu bieten. Mit Angriff meine ich genau das, was mir im Zeltlager passiert ist, dass die Frau mich dann beschimpft hat.
Sind hochbegabte Kinder verhaltensauffällig?
Nicht immer! Natürlich gibt es auch auf einschlägigen Internetseiten eine Liste mit typischen Merkmalen. Doch nicht immer sind hochbegabte Kinder verhaltensauffällig. Viele wollen sich anpassen, aber dennoch merkt man, sie sind „einfach anders“. Ein typisches Bild sind die Störenfriede, die sich langweilen und den Unterricht boykottieren. Sie werden immer auffallen. Ruhige, in sich ruhende und zufriedene stille Kinder fallen dabei durch das Raster.
So hat mir eine befreundete Grundschullehrerin erzählt, dass die schlauen und hochbegabten Kinder wesentlich anstrengender und nerviger sind, als die Klassenclowns, die einfach nur Spaß machen und so den Unterricht stören.
Aufmerksamkeit und Reizüberflutung – der Übergang ist fließend
Was alle hochbegabten Kinder an sich haben ist, dass sie scheinbar unaufmerksam sind und vieles nicht mitbekommen. Manchmal passiert das sicherlich. Doch in der meisten Zeit gibt es zwei Möglichkeiten: Vollkommene Reizüberflutung und das Kind kommt mit der Situation nicht mehr zurecht. Oder es saugt das Wissen und die Informationen auf wie ein Schwamm.
Ich muss auf Gruppenveranstaltungen ein seltsames Bild abgeben: Sobald zwei oder mehrere Gespräche stattfinden, kann ich mich an keinem mehr wirklich beteiligen und bin schnell abgelenkt. Das scheint ein Nachteil zu sein. Doch es kommt ein großer Vorteil dazu: Ich verfolge gleichzeitig zwei bis drei Konversationen und höre allen drei Gesprächen zu. Auch hochbegabte Kinder können das extrem gut und fallen dadurch auf. Denn es scheint, als würden sie anderen beim Gespräch „belauschen“.
Hochbegabte Kinder – War das nun eine Annäherung an das Thema?
Ihr merkt schon: Ich bin wirklich vorsichtig dabei Kinder in Schubladen zu stecken. Googelt man „hochbegabte Kinder“, so spuckt die Suchmaschine immer dieselben Informationen aus: Hyperaktiv, schnell gelangweilt und auffällig laut. Das ist aber nur EIN Typ der hochbegabten Kinder. Tatsächlich gehen die Begabungen in tausende von Richtungen und ebenso das persönliche Level von Rebellion.
Ich kann nur meine Schwester und mich vergleichen: Sie, die ältere, hat immer kontra gegeben, hat sich nichts gefallen lassen, hat alles LAUTHALS hinterfragt. Dafür wurde sie oft zurechtgewiesen und von allen Seiten bestraft. Ich, die jüngere, habe das natürlich vom ersten Tag an mitbekommen. Ich wäre schon ziemlich blöd gewesen, hätte ich mich genauso verhalten. Stattdessen habe ich mir ein Leben lang Mühe gegeben, um mich anzupassen. Es ist mir natürlich nicht gelungen, denn ich bin einfach anders.
Jetzt seid ihr dran: Beschreibt das Verhalten eurer Kinder: Was ist auffällig? In welchen Bereichen zeigen sie ihr „Anderssein“?
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